Karl August von Leibbrand 1839 - 1898
Regierungsbaumeister und Präsident der Abteilung Straßen- und Brückenbau des kgl. Ministeriums Württemberg.In 18. Mai 1887 ernannte der Gemeinderat der Stadt Schramberg Herrn Karl Leibbrand, Regierungsdirektor in Stuttgart, zum ersten Ehrenburger der Stadt Schramberg.
Karl Leibbrand war der Sohn eines im Jahre 1812 in Warschau geborenen, nach den napoleonischen Kriegen nach Ludwigsburg übergesiedelten, Schneidermeisters.
Nach dem Besuch der Volks- und weiterbildenden Schuhe studierte er in Stuttgart Ingenieur-Wissenschaft und Architektur. Im Jahre 1865 kam er als Straßenbauinspektor nach Oberndorf, bis ihn das Ministerium wieder als Baurat nach Stuttgart holte, wo er dann schon bald den Leiter der Ministerialabteilung Straßen- und Wasserbau bestellt und später deren Präsident wurde.
Karl Leibbrand war anerkannter Experte im Brückenbau. In Munderkingen baute er die erste Brücke aus Beton über die Donau. Es war dies seinerzeit auch die am weitesten gekannte Betonbrücke. Auch mit seiner Neckarbrücke zwischen Stuttgart und Bad-Cannstatt erregte er Aufsehen in Fach- isen ob deren eleganter Formschönheit.
Aber Karl Leibbrand machte sich nicht nur als Baufachmann einen Namen, er war auch ein leidenschaftlicher Politiker. Bei der Wahl der Abgeordneten im Stuttgarter Landtag im Jahre 1875 warb er sich um einen Abgeordnete sitz für den Oberamtsbezirk Oberndorf. Er gewann nach einem sehr hart geführten Wahlkampf über- ;n, wobei er vor allem aus dem im Schramberg sehr viele Stimmen erhalten hatte. Die Schramberger er- ften von ihm tatkräftige Unterstützung in ihrem Ringen um einen Bahnanschluß, und die Schramberger hatten in der Tat „auf das richtige Pferd gesetzt".
Karl Leibbrand war ein äußerst engagierter und schließlich auch erfolgreicher Vorkampfer für den Bahnanschluß Schrambergs im Jahre 1892. Als um die Mitte des vorigen Jahrhunderts die Frage einer Querverbindung der Bahnlinien zwischen Rhein- und Neckartal in Erwägung gezogen und deren Trassenführung durch den Schwarzwald geprüft und diskutiert wurde, waren die Eisenbahnkomitees in Schramberg und Rottweil eifrig daran, den Nachweis zu erbringen, daß eine Trasse über Hausach - Schiltach -Schramberg nach Rottweil oder Villingen viel billiger sein würde als eine Trasse durchs Gutachtal über Horn-berg - Triberg - St. Georgen - Villingen. Bei der endgültigen Entscheidung über diese Trassenführung im badischen Landtag in Karlsruhe aber hatten nicht mehr die Baufachleute, sondern die Politiker das Sagen. Es wurde aus lokalpatriotischen Gesichtspunkten der badischen Trasse über Homberg - Triberg der Vorzug gegeben, und es wurde diese Schwarzwaldbahn dann auch in der Mitte der 60er Jahre gebaut. Die Stadtverwaltung, vor allem aber die damals im Aufbau befindliche Industrie in Schramberg, waren bitter enttäuscht und sehr verärgert über diesen Entscheid. Nun galt es, für den Weiterbau der Bahn ab Hausach nach Wolfach - Schiltach - Freudenstadt zu kämpfen, um dadurch die Möglichkeit eines Anschlusses mittels einer Nebenbahn ab Schiltach zu erlangen. Und hier war es nun der Abgeordnete Karl Leibbrand, der sich dieses Anliegens der Stadt Schramberg in besonderem Maße annahm und mit allen ihm zu Gebote gestandenen Mitteln bei der Regierung und im Landtag in Stuttgart dafür kämpfte. Karl Leibbrand war mit dem damaligen Stadtschultheißen Albert Holzwarth sehr eng befreundet.
Im Jahre 1885 gab Leibbrand eine umfangreiche Denkschrift, „Die Anlage einer Eisenbahn von Schiltach nach Schramberg", heraus. Nach einer darin zu lesenden Aufstellung standen zur Bewältigung des Transportes von Menschen und Gütern von und nach Schramberg über 300 Zugtiere täglich im Einsatz. Jährlich wurden auf dieser Strecke über 40.000 Tonnen Güter transportiert. Der Personenverkehr war mit 10.000 Personen angegeben. In dieser Denkschrift wurde auch auf die sich seit 1870 jedjährlich wiederholte Forderung der Industrie- und Handelskammer Rottweil nach Bau dieser Bahnlinie wie auch auf die zahlreichen Petitionen des Schramberger Gemeinderares hingewiesen. An Investitionskosten hatte Leibbrand 565.000 Mark errechnet. In seiner Rentabilitätsberechnung kam er auf einen jährlichen Betriebsüberschuß von 26.000 Mark. Leibbrand schloß seine Denkschrift mit folgender Feststellung: „Schramberg und seine Nachbarschaft sind unbestrittenermaßen ein in industrieller Beziehung hervorragender, bedeutend entwicklungsfähiger Teil des Württembergischen Landes. Darum sollten auch Regierung und Stände nicht mehr lange zögern und Schramberg geben, was es unumgänglich notwendig braucht -die Eisenbahn."
Auf diese Denkschrift hin kam noch im Jahre 1885 eine Anfrage an den Gemeinderat der Stadt durch den Stuttgarter Regierungschef, worin dieser wissen wollte, ob die Stadt diese Bahn in eigener Regie bauen könne, und wenn nicht, was sie bereit sei zu geben, wenn der Staat baue. Stadtschultheiß Holzwarth beriet mit seinem Gemeinderat und den Vertretern der Industrie und erreichte, daß insgesamt 50.000 Mark Zuschuß von Stadt und Industrie zusammen angeboten werden konnten.
Doch mit dieser Antwort war man in Stuttgart keineswegs zufrieden. Man wollte mehr Geld und auch die Zusicherung, daß der für den Bahnhof benötigte Grund und Boden unentgeltlich zur Verfügung gestellt werde. Beiden Forderungen wurde nach langen und heftig geführten Debatten schließlich entsprochen. Die Stadt erhöhte ihren Beitrag auf 12.000 Mark, die Industrie auf 50.000 Mark, und das benötigte Bahnhofsareal wurde von den Besitzern der Majolika zur Verfügung gestellt.
Aber noch gab Stuttgart kein „grünes Licht". Es sollte die Stadtverwaltung die Verhandlungen mit den Grundstückseignern führen, und es sollte die Industrie eine Garantiesumme von 120.000 Mark hinterlegen zur Absicherung eines Mindestüberschusses von jährlich 19.000 Mark. Nachdem auch diese Forderungen erfüllt wurden, war man in Stuttgart endlich zufrieden, konnte man dort eine Regierungsvorlage an das Parlament erstellen. Am 5. Mai 1887 fand dann im Landtag die entscheidende Sitzung statt. Hierbei nahm der Abgeordnete, Regierungsdirektor Karl Leibbrand, das Wort und verstand es mit seinen inhaltlich gut fundierten sprachlich großartig formulierten Worten das Haus von der Notwendigkeit dieses Bahnbaues zu überzeugen.
Bahneröffnung am 8. Oktober 1892.
Nur ein Gegensprecher aus dem Kohergau trat auf. Die Abstimmung ergab mit 76 Für und zwei Gegenstimmen einen glänzenden Erfolg für Leibbrand. Der Sitzung wohnte eine stattliche Abordnung aus Schramberg bei. Hier löste die telefonisch durchgegebene Nachricht helle Begeisterung aus. Die Arbeiter strömten aus den Betrieben, die Schulen schlössen, und schon nach einer halben Stunde marschierte die Stadtmusik durch die Straßen, waren die Gaststätten voll mit begeislert feiernden Menschen.
Am 18. Mai 1887 fand dann eine feierliche Gemeinderatssitzung statt, in der große Vorkämpfer dieses Bahnbaues, Karl Leibbrand, zum ersten Ehrenbürger der Stadt Schramberg ernannt wurde.
Im Jahre 1891 konnte mit dem Bahnbau begonnen werden, und am 8. Oktober 1892 fand die feierliche Eröffnung statt. Dies war ein Festtag für Schramberg, wie es vordem sicher keinen und auch nachher nicht einen solchen mehr gegeben hat in Schramberg. Alles war auf den Beinen. In Schiltach, wo man die Ehrengäste aus Stuttgart und Karlsruhe erwartete, gab es ein festliches Frühstück, bis dann die 9,5 km lange Bahnreise nach Schramberg angetreten wurde. Am Bahnhof in Schramberg war großer Empfang. Stadtschultheiß Holz-warth konnte aus Stuttgart Staatsminister von Mittnacht, Finanzminister Rieke sowie den Abgeordneten Karl Leibbrand, aus Karlsruhe den Finanzminister Ellstädter begrüßen. In feierlichem Zuge gings durch den Schloßpark hinein in die festlich geschmückte Stadt, wo die Industrie prächtige Triumpfbögen über die Straßen hatte bauen lassen. Der schönste und eindruckvollste, das „Felsentor" der Firma Junghans, stand am „Schützen". Im Hotel „Lamm" gab es ein Festessen und anschließend noch einen Empfang der Ehrengäste bei Kommerzienrat Erhard Junghans in dessen neuerbauter Villa am Sonnenberg. Am Abend fand in der Turnhalle beim Krankenhaus ein Festabend zu Ehren des Ehrenbürgers Karl Leibbrand statt.
Außer seinem leidenschaftlichen Einsatz für den Bahnbau hatte sich Karl Leibbrand auch noch auf anderem Gebiet um die Stadt Schramberg verdient gemacht. Auf Bitten des Stadtschultheißen Albert Holzwarth hatte er den Plan für die Berneckschule in ihren drei Bauabschnitten entworfen. Leibbrand war auch maßgeblich beteiligt an der Erstellung des ersten Ortsbauplanes in Schramberg in den Jahren 1884/85. Seinem Freund, Kommerzienrat Erhard Junghans, hatte er den Plan gemacht für seine Villa am Sonnenberg.
Karl Leibbrand war auch Ehrenbürger der Stadt Munderkingen in Anerkennung eines bedeutenden Brückenbaues über die Donau, der Stadt Wildbad ebenfalls für seinen Einsatz um einen Bahnanschluß. Sieben Atbgemeinden im Raum Baiingen ernannten ihn zum Ehrenbürger für sein Bemühen nach einer verheerenden Überschwemmungskatastrophe.
Aufgrund seiner besonderen Verdienste im ganzen Lande wurde Karl Leibbrand von dem König von Württemberg im Jahre 1895 zum Ehrenritter der Württembergischen Krone ernannt und damit geadelt.
Karl von Leibbrand verstarb im Jahr 1898 in Stuttgart und wurde auf de Waldfriedhof in Stuttgart bestattet. An den Ehrenbürger Karl von Leibrand erinnern noch heute die Leibrandstraße und der Leibbrandplatz.
1885 Enz-Brücke bei Höfen
1886 Guldebrücke über die Enz bei Wildbad
1886 Glatt-Brücke bei Neuneck
1887 Murrbrücke bei Marbach
1889 bei Baiersbronn
1890 Forbachbrücke in Baiersbronn
1891 Brücke über die Bahn bei Bahnhof Ehingen
1895 Neckarbrücke bei Mühlheim
1895 Leinbrücke (Oberamt Gmünd)
1896 Neckarbrücke bei Gemmrigheim (Oberamt Besigheim)
1897 Langenargen am Bodensee, die erste Kabelhängebrücke Deutschlands die über die Argen.
Beteiligt an den folgenden Bauwerken
1901 Eberhardsbrücke
1893 König-Karl-Brücke
1898 Langenargen, Hängebrücke
1893 Munderkingen, Donaubrücke
12. September 1891. Das weltweit erste Drehstrom-Kraftwerk in Lauffen am Neckar wird anläßlich
der Eröffnung der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt am Main von Prominenten besucht.
Im Vordergrund: Baudirektor Karl von Leibbrand (2.v.l.),
Innenminister Johann von Pischek (3.v.l),
MdR Dir. Dr. Otto Arendt (4.v.l),
Emil Rathenau (6.v.l.),
Marcel Deprez (7.v.l.), Gisbert Kapp (hinter den beiden vorgenannten),
Dr. John Hopkinson (mit heller Melone am Türstock), Charles Brown (8.v.l.),
rechts dahinter Oberst Emil Huber, William Henry Preece (2.v.r), Oberpostrat Ebert (1.v.r).